Unser Antrag im Gemeinderat: Leitlinien für die kommunale Bürgerbeteiligung

Politische Entscheidungen sind dann besonders gut, wenn möglichst viele Perspektiven engagierter Bürgerinnen und Bürger darin einfließen. Mündige und engagierte Bürgerinnen und Bürger können mit ihrer Erfahrung, mit ihrem Fachwissen oder mit ihrer Zeit zu einem funktionierenden und erfolgreichen kommunalen Gemeinwesen beitragen. Um dieses Potential zu heben muss Verwaltung und Bürgerschaft durch die Nutzung vielfältiger Werkzeuge der Bürgerbeteiligung in einen ständigen Dialog treten.
Man kann grundsätzlich zwei Arten von Beteiligungsverfahren unterschieden: Einerseits die gesetzlich vorgeschriebenen oder formellen Beteiligungsverfahren (wie Bürgerbegehren, Bürgerversammlungen, oder Einwohnerantrag) und andererseits die freiwillige Bürgerbeteiligung durch Kommunen. In diesem Antrag liegt der Fokus auf der freiwilligen, informellen Bürgerbeteiligung, deren Sinn und Zweck ist, dass die Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde miteinander über ein Thema „ins Gespräch“ kommen, Argumente und Ideen austauschen und so gemeinsam Lösungen entwickeln.
In Heddesheim wird Bürgerbeteiligung in unterschiedlichen Formaten und in verschiedensten Zusammenhängen seit Jahren situativ praktiziert (z.B. Zukunfts-Leitbild für Heddesheim, Zukunftswerkstatt Digitalisierung@Heddesheim, Pfenning-Ansiedlung). Und dies auch sehr erfolgreich, so ist z.B. die Badesee-App aufgrund der Zukunftswerkstatt Digitalisierung@Heddesheim entstanden.
Nicht zuletzt die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen sind ein Weckruf: Es müssen jetzt die Strukturen geschaffen werden um Bürgerbeteiligung und Engagement auch ohne persönlichen Kontakt ermöglicht werden. Die Kommunikation muss in Zukunft auch digital geführt werden.
Es gibt viele gute Beispiele für erfolgreiche Beteiligungsinstrumente in unsere direkte Nachbarschaft, wie z.B. die digitale Vorhabenliste in Heidelberg, Bürgerbefragungen per App in Tübingen, Beteiligungshaushalt in Mannheim, Mängelmelder in Dossenheim oder die Beteiligungsplattform Lampertheim. Herausragendes Beispiel ist auch die „Mitmachstadt und Bürgerkommune“ Herrenberg (30km südlich von Stuttgart).
Es gibt eine Vielzahl von Themen und Projekten, bei denen eine Bürgerbeteiligung hilfreich und möglich wäre. Daneben gibt es unterschiedlichste Methoden und Formate Bürgerinnen und Bürger in kommunale Entscheidungsfindungsprozesse mit einzubeziehen. Um diese Vielfalt transparent darstellen zu können und auch sinnvoll handhaben zu können, sollen „Leitlinien für die kommunale Bürgerbeteiligung“ erarbeitet werden. Ziel dieser Leitlinien soll es sein, Bürgerbeteiligung in Heddesheim künftig systematisch und nach klaren Vorgaben durchzuführen und deutlich zu machen wie die Ergebnisse von Verwaltung und Gremien genutzt werden. In diesen Leitlinien soll der Prozess freiwilliger Bürgerbeteiligung ganzheitlich, umfassend und strukturiert dargestellt werden.
Wichtigstes Ziel der Leitlinien ist eine breitere Beteiligung der Heddesheimer Bürgerschaft an den kommunalen Entscheidungen, die sie betreffen. Durch gelungene Beteiligungsprozesse können mehr Bürgerinnen und Bürger am Ortsgeschehen teilhaben. Ein weiteres Ziel des Leitlinienprozesses ist die Erhöhung der Transparenz und des Wissensaustauschs: Durch eine stärkere Beteiligung können Politik und Verwaltung frühzeitig erfahren, was Bürgerinnen und Bürger bewegt. Und umgekehrt können sie frühzeitig darüber informieren was geplant ist. Für Bürger muss es auf einfachen Wegen möglich sein, sich über Verwaltungsprozesse zu informieren.
Grundlegende Inhalte der Leitlinien sind unter anderem Aussagen über die gemeinsam angestrebte Qualität der Bürgerbeteiligung, über die Verteilung der Rollen in Beteiligungsprozessen, über den verlässlichen Umgang mit den Ergebnissen der Bürgerbeteiligung sowie über ein Vorschlagsrecht der Bürger/innen und die Strategien zur Sicherung einer neutralen Moderation. (vgl. Sammlung kommunaler Leitlinien Bürgerbeteiligung des Netzwerk Bürgerbeteiligung [1] sowie Qualitätskriterien Bürgerbeteiligung im Netzwerk Bürgerbeteiligung [2])
Regelwerke für gute Bürgerbeteiligung können nicht „von oben“ verordnet werden. Vielmehr müssen Leitlinien in einem kommunikativen Austausch auf Augenhöhe erarbeitet und verhandelt werden. Nicht zuletzt zur Gestaltung dieses Prozesses soll auf externe Beratung und Begleitung zurückgegriffen werden. Für die wissenschaftliche Begleitung, Erarbeitung, Ausgestaltung, Moderation und Implementierung des Prozesses wird die Verwaltung beauftragt einen erfahrenen, externen Anbieter zu suchen und Angebote einzuholen. Die Leitlinien werden in einem Prozess erarbeitet, an dem Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung und Gemeinderat gemeinsam arbeiten.
Daher stellt die FDP-Fraktion folgenden Antrag:
Die Verwaltung wird damit beauftragt, verbindliche Kriterien für die informelle Bürgerbeteiligung in Heddesheim zu entwickeln und die Grundlage für eine transparente, verlässliche und stetige Bürgerbeteiligung in Heddesheim zu schaffen. Dies soll in Form von „Leitlinien für die kommunale Bürgerbeteiligung“ geschehen, die in Beteiligungssatzungen im Ortsrecht verankert werden. Diese sollen gemeinsam von den Heddesheimer Bürgerinnen und Bürgern, dem Gemeinderat und der Verwaltung erarbeitet werden.