Impuls: Kommunaler Klimaschutz

Der Schutz unseres Klimas ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Ob ein wirksamer Klimaschutz stattfinden muss, steht für uns Freie Demokraten nicht zur Debatte. Wir stehen klar zu den Pariser Klimazielen. Doch wie wir diese am besten erreichen können, müssen wir diskutieren. Fest steht: Wir Freien Demokraten wollen den Netto-Null-CO2-Ausstoß so schnell es geht.
Für den Klimaschutz müssen wir handeln und dürfen nicht abwarten. Wir wissen, dass beispielsweise der CO2-Emissionshandel in der Energiewirtschaft auf europäischer Ebene in den vergangenen Jahren eine Menge bewegt hat. Wir wissen, dass 2021 auf nationaler Ebene mit der CO2-Bepreisung für fossile Kraft- und Brennstoffe der Einstieg in ein marktwirtschaftliches Anreizsystem im Gebäude und Verkehrsbereich kommen wird. Wir wissen aber eben auch, dass sich die Menschen in Heddesheim fragen, „Was können wir vor Ort und im Kleinen tun, um CO2 zu sparen?“. Effektiver Klimaschutz braucht Projekte, braucht Innovation, braucht technische Lösungen und deren konkrete Umsetzung. Das alles findet vor Ort in der Kommune statt und deshalb ist kommunaler Klimaschutz so wichtig.
Heddesheim ist schon seit vielen Jahren sehr aktiv und hat beachtliche Summen in energieeffiziente Gebäude und Anlagen investiert. So konnte der CO2-Ausstoß beachtlich reduziert werden. Nun geht es darum diesen erfolgreichen Weg in den nächsten zehn Jahren fortzusetzen. Dafür wollen wir hier konkrete Vorschläge machen, die aus heutiger Sicht realistisch sind – sowohl technisch als auch wirtschaftlich.
Eine Grundausrichtung ist für uns entscheidend: Heddesheimer Maßnahmen sollten sich auf Bereiche konzentrieren, in denen ein wirksamer Effekt erzielt werden kann. Um wirksam zu sein, müssen Maßnahmen immer die bestehenden Rahmenbedingungen der EU und des Bundes berücksichtigen. Das betrifft insbesondere den EU-Emissionshandel (EU-ETS) und das nationale Emissionshandelssystem (nEHS). Die Logik dieser Mechanismen ist stets so: Der Ausstoß von CO2 ist nicht länger kostenlos, sondern erhält einen Preis. Somit entsteht ein wirtschaftlicher Anreiz den Ausstoß zu verringern. Verbraucher müssen sich dann nicht mehr den Kopf über Klimaschutzmaßnahmen zerbrechen, der Einsparanreiz kommt über den Preis. Somit werden viele Fragen des kommunalen Klimaschutz zu Fragen der Wirtschaftlichkeit. Gerade die Wechselwirkungen lokaler Maßnahmen mit dem EU-Emissionshandel sind etwas, was unserer Meinung zu wenig Beachtung findet. Als Faustformel gilt für uns: Die dem EU-ETS unterliegenden Sektoren sollten möglichst nicht mit lokalen Klimaschutzmaßnahmen belegt werden, es sei denn, wenn es dadurch möglich wird, Emissionen oder Energiebedarfe, die bisher nicht dem EU-ETS unterliegen, in diesen zu verlagern.
Kommunen können in verschiedener Weise aktiv werden, um Klimaschutz vor Ort zu betreiben. Das Klima-Bündnis hat zur Strukturierung vier Rollen definiert, die eine Kommune im lokalen Klimaschutz einnehmen kann:
- „Planer und Regulierer“, z.B. Integration energetischer Standards in der Bauleitplanung, Anschluss- und Benutzungszwang bei Wärmenetze oder Verbot von CO2-reichen Brennstoffen.
- „Versorger und Anbieter“, z.B. Energieversorger, Energiesparendes Bauen bei kommunalen Wohnungsbaugesellschaften oder Ausbau des ÖPNV.
- „Berater und Promotor“, z.B. Energieberatung, Förderprogramme für energieeffiziente Sanierung oder Umstellung auf CO2-arme Brennstoffe.
- „Verbraucher und Vorbild“, z.B. Energiemanagement in kommunalen Liegenschaften, Blockheizkraftwerke in kommunalen Gebäuden oder Müllvermeidung in der kommunalen Verwaltung
Grundsätzlich stehen Anreizsysteme und Regulierungen größtenteils auf europäischer und nationaler Ebene zur Verfügung (u.a. Zertifikatshandel, CO2 Steuer, Verbote ineffizienter Verbraucher) und sind unserer Meinung nach auch meist nur auf dieser Ebene sinnvoll. CO2 macht nicht an der Gemarkungsgrenze halt, sodass eine lokale Regulierung zweifelhaften Nutzen hätte, da es grundsätzlich immer leicht ist Emissionen regional zu verlagern.
Es gibt aber auch Gestaltungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene: Um die Klimaveränderungen in Grenzen zu halten, sollten wir durch Baumpflanzungen und andere klimawirksame Bepflanzung einen Beitrag zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung erreichen und unsere CO2-Emissionen kompensieren. Ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz leisten zudem auch Wiesen und Weiden, da sie einen vergleichsweise hohen Humusanteil haben, der CO2 bindet. Die klimaschonende Landnutzung kann auch kommunaler Ebene im Rahmen der Bauleitplanung verankert und gefördert werden.
Gestaltete Naturräume tragen beträchtlich zur Wohn- und Lebensqualität bei – nicht nur durch ihren ästhetischen und raumprägenden Wert, sondern auch aufgrund ihrer lufthygienischen, mikro- und stadtklimatischen Wirkung. Gerade angesichts der prognostizierten Zunahme extremer Hitzeereignisse wächst in der Metropolregion Rhein-Neckar die Bedeutung siedlungsnaher Erholungsräume für die physische und psychische Gesundheit der Bevölkerung. Bei der zukünftigen Siedlungs- und Freiraumentwicklung, die auf Dichte setzen muss, um bezahlbaren Wohnraum, nachhaltige Mobilität und Klima- und Bodenschutz erreichen zu können, muss dieser Aspekt stärkeres Gewicht erhalten. Daher schlagen wir folgende Maßnahmen vor:
- Klimagrünzug Heddesheim: Aufforstungen und klimagerechte Gestaltung eines durchgängigen Grünzugs im Norden von Heddesheim, als Weiterführung des Mannheimer Grünzug Nordost von der Straßenheimer Feldflur bis zum Waidsee in Weinheim. Die bestehenden Grün- und Freiflächen (z.B. Badeseeumfeld) würden so durchgängig vernetzt und durch Rad- und Wanderwege sowie Ruheplätzen aufgewertet. Dies kann durch Ausbau des Biotopverbunds und Vernetzung der Grün- und Freiflächen als auch durch Nutzung von Ausgleichs- und Ökokontomaßnahmen passieren. Auf diesen Flächen können dann zukünftig unvermeidbare CO2-Emmissionen kompensiert werden.
- Stärkere und verbindliche Berücksichtigung von Klimazielen bei der Bauleitplanung und bei allen kommunalen Bauprojekten, z.B. durch eine überwiegend lockere Bebauung oder Aufbereitung von versiegelten Siedlungs- und Verkehrsflächen zur Ausnutzung ihrer Klimafunktion.
Da Heddesheim aktuell selbst nicht in Energieversorgung, ÖPNV, Abfallentsorgung oder kommunalem Wohnungsbau tätig ist, stehen hier keine Möglichkeiten zur Verfügung. Wir halten es auch nicht für sinnvoll, dass Heddesheim als Kommune z.B. in die Energieversorgung seiner Bürgerinnen und Bürger einsteigt. Vielmehr sollte sie eher in der Rolle des Moderators und Unterstützers neue dezentrale Formen der Versorgung vor Ort ermöglichen und begleiten (siehe nächster Punkt).
Als Mitglied bei der Klimaschutz- und Energie-Beratungsagentur Heidelberg – Rhein-Neckar-Kreis gGmbH, kurz KLiBA, bietet Heddesheim schon seit Jahren Beratung für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen an.
Gerade was Energieversorgung der Bürgerinnen und Bürger angeht, sehen wir Chancen, dass die Kommune als Promotor neue lokale Angebote ermöglichen kann. Durch erneuerbare Energien wie Photovoltaik kann die Stromproduktion dezentraler werden als in der Vergangenheit - und somit die Wertschöpfung auch. Wir wollen möglichst viel Wertschöpfung vor Ort in Heddesheim, das gilt auch für Energieproduktion. Die Förderung von Photovoltaikanlagen ist eine Maßnahme in diesem Sinne.
Allerdings ist PV-Strom sehr volatil, genauso wie die Verbrauchskurve eines einzelnen Einfamilienhauses. Der Betrieb einer PV-Anlage und einer Stromspeicherinfrastruktur ist nichts, was sich jeder selbst zutraut oder finanziell leisten kann. Deshalb ist es sinnvoll, sich lokal oder regional zusammenzuschließen. So werden 1) Verbrauchskurven statistisch glatter und mehr Strom kann direkt regional verbraucht werden. 2) Professionelle Strukturen und Synergien z.B. hinsichtlich Anlagenwartung oder Strom-Speicherinfrastruktur möglich. Ob dies eher durch bürgerschaftliches Engagement in Form von Bürgerenergiegenossenschaften passiert oder mithilfe von Partnerschaften mit bestehenden Unternehmen am Markt ist zweitrangig. Das Ziel muss sein den Heddesheimer Bürgern ein niederschwelliges Angebot zu machen, um lokal produzierten Strom zu nutzen und (anteiligen) Erwerb regenerativer Energieanlagen zu ermöglichen. Daher regen wir an:
- Die Verwaltung sollte mögliche Optionen erarbeiten, wie ein „Heddesheimer Lokalstrom“-Angebot von lokal produzierten Ökostrom verwirklicht werden könnte. Dies könnte eine Keimzelle für ein dezentrales und gemeinschaftsgesteuertes lokales Energie-Ökosystem in Heddesheim sein.
- Anders als bei Strom ist die Wärmeerzeugung für Wohnhäuser schon heute sehr dezentral, was allerdings aufgrund der vielen Einzelakteure eine Umstellung auf nicht-fossile Wärmeerzeugung erschwert. Wir wollen diese Dezentralität erhalten und trotzdem einen klimaneutralen Gebäudebestand erreichen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer umfassenden Information der betroffenen lokalen Akteure über sinnvolle Versorgungsoptionen – technologieoffen und an die lokalen Begebenheiten angepasst. Um die notwendigen Informationen zunächst einmal zu erheben und aufzuarbeiten, schlagen wir die Erarbeitung eines kommunalen Wärmeplans für Heddesheim vor.
In dieser Rolle sollte Heddesheim ambitioniert agieren. Man könnte sagen, die vorgenannten sind die Kür, diese Rolle ist die Pflicht! Die Heddesheimer Verwaltung und alle kommunalen Liegenschaften, sollten so schnell wie möglich klimaneutral werden. Dazu ist in den vergangenen Jahren schon sehr viel passiert, u.a. durch hohe Investitionen in Energieeffizienz und die Beschaffung von Ökostrom. Wir schlagen folgende weitere Maßnahmen vor:
- Klimaneutrale Wärmeversorgung durch den Einsatz nachhaltige Brennstoffe, z.B. synthetische Gase oder Biogas. Dabei sollten die CO2-Kreisläufe, also die Zeit der Bindung des CO2 aus der Luft beim Entstehen bzw. Erzeugung des Brennstoffs und der Freisetzung bei der Verbrennung so kurz wie möglich sein. Fossile Brennstoffe scheiden so natürlich schlecht ab. Auch Holz als Energieträger lehnen wir ab, da nachhaltige Forstwirtschaft bei energetischer Nutzung nicht machbar ist. Was in Stunden verbrennt braucht Jahrzehnte zum Wachsen. Diese Verzögerung lässt das nur dann zu, wenn der Verbrauch geringer ist als der Zuwachs. Das Nachwachsen dauert zu lange und bei den klimatischen Veränderungen ist es eine ungewisse Wette, ob es überhaupt passiert. Wir brauchen jeden Baum. Es gibt keine besseren CO2 Senken. Die Verwendung von Holz als Bau- und Werkstoff hingegen verlängert die Speicherwirkung über die Lebensdauer der Bäume hinaus.
- Wo für die Strom-Eigenversorgung sinnvoll, soll der Einsatz von Photovoltaik und Kraft-Wärme-Kopplung über Blockheizkraftwerke ausgebaut werden. Da die Einspeisung von überschüssigem Strom in das allgemeine Stromnetz zunehmend unattraktiv ist, sollte durch Verbrauchsoptimierung und Speicherung der Eigenverbrauch optimiert werden. Perspektivisch scheint eine chemische Speicherung durch Produktion eines Brenngases (Power-to-Gas) eine attraktivere Variante als Batterien. Dieses Brenngas (Wasserstoff, Methan o.ä.) kann dann wieder zur Rückproduktion in Strom, aber eben auch zum Heizen und als Kraftstoff für Autos verwendet werden.